Während der letzten Wochen habe ich mehrere längere Gespräche bzw. Interviews mit anspruchsvollen Inhalten transkribiert. Beim Verschriftlichen eines mündlichen Gesprächs von einer mp3-Datei in Text kann man gut beobachten bzw. hören, wie sich Gedanken formen: langsam, zögernd, tastend von einem Punkt zum nächsten nimmt ein Gespräch, die Kommunikation zwischen den Gesprächsparteien, seinen Gang. Als derjenige, der transkribiert, ist man (zu)hörender Beobachter, ein Ohrenzeuge. Neben dem Inhalt des Gesprächs, auf den es natürlich in erster Linie ankommt, registriert man auch Kleinigkeiten am Rande. Man nimmt wahr, wenn gegessen und getrunken wird; man hört, wenn gezögert wird; man hört die Stille, wenn das Gespräch stockt und man hört auch, wenn sich die Gedanken überschlagen und gegenseitig befruchten. Wenn alle reden, wird es schwierig, auch mit einer guten Transkription.
In den sozialen Medien äußern sich (fast) alle und mehr oder weniger laut; auch dort ist es schwierig der Poly- oder Kakophonie der Meinungen und Bilder zu folgen. Bei Twitter wird in Kurzform gezwitschert, vieles ohne Belang – in den meisten Fällen reine Effekthascherei, eine Jagd nach Aufmerksamkeit.
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Über Gespräche, Events, Likes und eine geschlossene Tür
von: Uwe Dörwald